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Goldapfelsins Tochter

Märchen aus Persien - Mit einem Vorwort von SAID

Erschienen am 23.02.2009
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783424350029
Sprache: Deutsch
Umfang: 317 S.
Format (T/L/B): 3 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ausgewählt und übertragen von Arthur Christensen Mit einem Vorwort von SAID Magisches Persien Der Band umfasst 34 Volksmärchen, Schwänke und literarische Fabeln aus Persien.In seinem Vorwort erzählt der aus dem Iran stammende Dichter SAID die Entstehungsgeschichte der Märchen und vergegenwärtigt ihren ganz besonderen Charme, Geist und Witz. Persien kann auf eine Jahrtausendelange Märchentradition zurückblicken. Der Band versammelt die schönsten und anrührendsten Geschichten und Fabeln. Ein poetischer Streifzug durch eine uralte Hochkultur. Der bekannte Dichter SAID stellt in seinem Vorwort die Märchentradition seiner Heimat vor.

Leseprobe

salam, kinder. jeden freitag, w?end wir schulfrei hatten, kam nach den 12-uhr-nachrichten diese stimme und gr??e uns. der mann vom radio teheran erz?te m?hen. bis nach samarkand und buchara sei er gefahren, um im gesamten persischen sprachraum m?hen zu sammeln. die kinder nannten ihn nur mit vornamen; den familiennamen wei?ich bis heute nicht. eine bibliothek hatte unsere schule nicht. und die eltern kauften uns ein m?henbuch erst dann, wenn herr sobhi es im radio erw?t hatte. kinderb?cher oder gar bilderb?cher f?r kinder gab es damals noch nicht. wohl aber bebilderte b?cher mit klassischen geschichten aus der iranischen literatur, garniert mit kitschigen, zuweilen furchterregenden bildern. umso mehr herrschte die m?ndliche erz?tradition vor. die gro??tter waren hier - wie auch in europa - die erste instanz. und dann die ?ffentliche ebene. noch in den 50er-jahren des letzten jahrhunderts kamen derwische in ?ere viertel, um geschichten zu erz?en. der derwisch entrollte ein tuch, das er an der mauer eines hauses befestigte. darauf waren jene kitschigen bilder zu einer geschichte, die oft jahrhunderte alt war - w?end die bilder sehr "modern" wirkten. die kinder setzten sich zu seinen f??n und der derwisch zeigte mit einem stock auf figuren, die protagonisten seiner geschichten. begleitet von lebhaften geb?en, die an commedia dell' arte erinnerten, erz?te er dann. nein, er erz?te nicht, er sang die geschichte. er ging mit der stimme in die tiefe, wenn gerade der held ermordet wurde, was ja oft vorkam. seine stimme wurde schrill, wenn sich das liebespaar zueinander fand, nachdem alle r?e und abenteuer ?berstanden waren. wenn der derwisch zu ende gesungen hatte, ging er mit seiner betteltasche durch unsere reihen und sammelte kleingeld. dieses hatten wir zuvor von den eltern bekommen. diesen derwisch gibt es heute nicht mehr. nur einige jahre sp?r wurde er ersetzt durch "schahre farang" - die stadt europa -, wie die laterna magica auf persisch hie? der mann trug einen apparat auf dem r?cken, lief in unsere gasse ein und schrie "schahre farang", und schon hefteten sich die kinder an seine fersen, das kleingeld von den eltern in der hand. er stellte seinen apparat, mit zwei metallbeinen und drei guckl?chern, in der mitte der gasse ab. die ersten drei kinder - um diese pl?e wurde zuweilen gebalgt - h?igten ihm das kleingeld aus, postierten sich vor den guckl?chern und schauten hinein. erst sahen wir nichts, dann erschienen einzelne kolorierte bilder. sie beschrieben wieder klassische geschichten. wieder kitschig, daf?r aber farbig. und der mann begann zu erz?en. nein, auch er sang seine geschichte. dabei drehte er an einem griff und die bilder wechselten sich ab. nach einigen minuten war alles vorbei. und schon dr?ten sich die n?sten drei heran. und mein vater erz?te von einem anderen erlebnis, das schon mir verwehrt geblieben ist. in den kalten wintern?ten erz?te ein derwisch in den teeh?ern geschichten von "schahname", dem nationalepos. er wurde in versform verfasst von ferdussi, der im jahr 1030 verstorben war. f?r die l?ste nacht des winters w?te der erz?er den tragischen h?hepunkt von "schahname". rustam, der iranische nationalheld, t?tet im kampf seinen eigenen sohn, ohne ihn zu erkennen - der topos ist auch in den europ?chen trag?dien bekannt. zuweilen baten ihn zuh?rer, er m?ge morgen nacht den beliebten helden doch nicht sterben lassen; diese tat w?rde man auch entlohnen. hochm?tig wies der derwisch das angebot ab. wie k?nnte er auch den gipfel seines triumphes verschleudern, wenn er durch seinen singsang viele dazu brachte, reichlich tr?n zu vergie?n. die iranische seele braucht den trauermoment, bis heute. doch selbst in den iranischen teeh?ern, selbst in den entlegenen d?rfen, oder gerade dort, hat das fernsehen l?st den derwisch besiegt. an seine stelle sind nun die amerikanischen serien getreten oder gar iranische. und ich wei?nicht, welche schlimmer sind. umso dankbarer bin ich daf?r, dass der herausgeber dies Leseprobe

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